Sonja Neuhaus
Wege in die Lebendigkeit
Praxis – Institut

 

Die Jugend

die Jugend 1

Stufe 3 des Lebensintegrationsprozess nach Wilfried Nelles

In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit den jeweiligen Bewusstseinstufen des Menschen nach Wilfried Nelles (sh. hierzu auch meinen Blogbeitrag Lebensintegrationsprozess (LIP) ).

Wie wir im Beitrag über die Stufe 2 „die Kindheit“ (siehe hierzu auch meinen Blogbeitrag zur Stufe 2) gesehen haben, passiert gerade in den ersten Jahren eines Menschen sehr viel. Wir müssen lernen, unsere Bedürfnisse zu äußern und erleben die Abhängigkeit von unserem Umfeld.

Gleichzeitig entwickeln wir unser Selbst und ein Ich-Gefühl und werden mit jedem Jahr selbständiger in unserem Tun.

Diese Selbständigkeit gipfelt auf körperlicher Seite in die Geschlechtsreife, die mit Eintritt den Bruch zur Kindheit darstellt.

Mit dieser Zeit, die danach folgt, wollen wir uns in diesem Beitrag beschäftigen.

Mit der körperlichen Reife findet auch eine Bewusstseinsänderung statt. Wir erkennen, dass wir nicht länger Kind sind und dass es neben unserer Familie auch andere Menschen, Lebenseinstellungen und andere Familienkonstellationen gibt.

Mehr noch, die eigene Familie wird immer weniger wichtig, dafür werden Freunde, Prominente und andere Ideen wichtig.

Die Jugend ist die Zeit des Ich-Gefühls, hier beginnt etwas anderes Gestalt anzunehmen und das ist das Denken.

Die Ideen nehmen nun einen großen Platz ein. Wer schon einmal mit einem Jugendlichen über seine Ideen diskutiert hat, weiß wie schwer es demjenigen fällt, von diesen abzurücken.

Warum ist das so?

Die Jugendzeit ist die Zeit der körperlichen, fruchtbaren Reife. Die Zeit, in der das Kind zum Erwachsenen heranreift und die Abnabelung vollzieht.

Es ist die Zeit, in der man sich aus der Abhängigkeit befreit und unabhängig werden will.

Dies gelingt nur, über die Ernsthaftigkeit der eigenen Ideen. Wenn ich nicht daran glauben würde, dass ich weiß wie die Welt funktioniert, dann bin ich nicht in der Lage, den Schritt raus aus der Familie zu machen. Ich würde mich verloren fühlen und damit in der kindlichen Abhängigkeit zu den Eltern bleiben.

Damit das nicht so ist, hat das Leben die Hormone ins Spiel gebracht.

Der Wunsch nach Vermehrung, welches in der praktizierenden Sexualität seinen Ausdruck findet, ist der Weg raus aus der Familie.

Tatsächlich ist das Wissen wie das Leben funktioniert nur eine Illusion des Jugendlichen, daher wird an diesen Ideen auch so massiv festgehalten.

Das Leben selbst bringt am Ende die Erfahrung.

Man kann über vieles nachdenken (was auch vielfach sinnig ist), erfahren kann man das Leben aber eben nur im tatsächlichen Erleben.

Daher braucht der Jugendliche auch in dieser Zeit weiterhin eine elterliche oder erwachsene Begleitung.

Er braucht viel Raum und Vertrauen, um seine Wege gehen zu können, Erfahrungen zu sammeln und einen Ort, an dem er sich lassen kann. Fehler machen darf und keine Verurteilung darüber erfährt.

Für Eltern – da spreche ich aus Erfahrung – ist die Jugendzeit der eigenen Kinder eine Grenzwanderung.

Zum einen erkennt man in ihnen seine eigene Jugend. Darin besteht eine Heilungschance im Blick zu den eigenen Eltern. Zum anderen bedeutet Loslassen und Vertrauen in die Wege der eigenen Kinder auch das Zulassen des Schmerzes, dass das Gebrauchtwerden sich immer weiter verringert und damit – gerade für uns Mütter – eine ganz intensive Zeit vorbei ist.

Stellt man bzw. Frau sich dem, öffnen sich neue Türen im Blick auf die eigenen Kinder. Aus ihnen werden nun Söhne und Töchter.

Wir erleben nun neue Seiten an ihnen und wenn wir dafür bereit sind, entdecken wir unsere Kinder komplett neu.

Und sie uns auch.

Die Jugendzeit ist also eine herausfordernde und sehr sensible Zeit – für alle Beteiligten.