Sonja Neuhaus
Wege in die Lebendigkeit
Praxis – Institut

 

Leseerlebnis "Im Namen des Fortschritts" von Wilfried Nelles - Teil 1

Leichte Sommerlekture 

Der Untertitel „Das moderne Bewusstsein und der Krieg gegen die Natur“ hat es bereits – wenn man sich ganz darauf einlässt – in sich.

Wieso befinden wir uns im Krieg gegen die Natur? Wir tun doch alles um sie zu schützen…

Und was heißt „Im Namen des Fortschritts“? Geht es nicht eigentlich um den Menschen?

Beim Lesen des Buches wurde ich immer wieder aus meiner Komfortzone herausgeholt. Viele zurzeit hysterisch besetzte Themen wie die Genderdebatte, das gefühlte Geschlecht sowie der Ukraine-Krieg werden neben der Nachbehandlung der Corona-Zeit aus einer anderen Perspektive heraus betrachtet.

Es ist eine schonungslose und analytische Betrachtungsweise wohin wir uns im modernen Zeitgeist hinbewegen.

Als Leserin hatte ich immer die Möglichkeit, mich hinein zu bewegen und das Gelesene auf mich wirken zu lassen oder es wie eine Abhandlung dessen, was in jüngster Vergangenheit gewesen ist, zu lesen.

Wenn ich es als Abhandlung lese, dann erfahre ich viel Wissenswertes und kann mich darüber aufregen oder es auch bleiben lassen. Denn es ist – wie der Autor es auch immer wieder betont – seine Wahrnehmung dessen was um uns herum und im Einzelnen so passiert.

Diese Haltung ist eine Wohltat für mich, da ich als Kind der 70ziger Jahre das Diskustieren gelernt, geschätzt und gelebt habe. Häufig bin ich in der momentanen Zeit erschrocken darüber, dass die Vielfalt zwar angeblich über allem schwebt, aber keine andere Meinung als die eigene ausgehalten wird.

Einen Diskurs der vielfältigen Themen gibt es so – wie ich es kennengelernt habe - nicht mehr.

Nun zurück zum Buch:

Wenn ich mich aber darauf einlasse, dann erhalte ich einen Schatz. Dieser Schatz hat etwas mit meinem persönlichen Bewusstsein zu tun.

In der Reflektion dessen was ich dort lese, passiert etwas in mir. Ich wechsle die Perspektive – komme raus aus Opfer/Täterschaft und erkenne was mit mir und in mir in diesen Zeiten passiert.

Damit verändert sich etwas. Ich habe das nächste Mal, wenn wieder „etwas passiert“ die Wahl ob ich in die hysterisch geführten Diskussionen einsteige oder ob ich sehe wie sich unser Leben entwickelt.

Aus dieser Erkenntnis heraus wird es in diesen durchaus sehr turbulenten und auch unsicheren Zeiten in mir ruhig.

Ich habe immer wieder die Möglichkeit, mich rauszuziehen aus diesen Zeitgeiststrudel und in meinem Selbst einen Ruheort zu finden.

Mein Leben zu leben mit all seinen Auf und Abs. Ruhe zu bewahren wo es angeraten ist und zu agieren wo es vonnöten ist.