Sonja Neuhaus
Wege in die Lebendigkeit
Praxis – Institut

 

Das Absolute im Menschen

Früher hatte das Absolute seinen Platz im Himmel bei Gott, heute wohnt es in uns.

Was bedeutet das, was heißt das? Die meisten Menschen würden so eine Aussage erst einmal weit von sich weisen. Zu diesen habe ich auch gehört.

Früher als Gott noch als ständiger Begleiter durch mein Leben ging, da war für mich klar, dass in letzter Instanz der Ausgang meines Tuns und Seins von ihm abhängig ist. Manchmal machte es mich wütend, wenn etwas nicht gelang oder es Erlebnisse in meinem Leben gab, die für mich oder mir nahe stehende Menschen keinen guten Ausgang hatte. In schweren Zeiten gab es mir aber auch Trost, denn ich vertraute darauf, dass es irgendwie gut gehen würde. Dass "er da oben" es schon

irgendwie richten würde.

Als ich älter wurde, wurde es für mich schwerer an "den da oben" überhaupt noch zu glauben. Zu fern schien er mir und zu abstrakt als das ich mein Leben in seine Hände geben könnte.

In dieser Zeit wurde ich erwachsen und in ganzem Umfang für mein Leben verantwortlich.

Ich glaubte, wenn ich nur alles abwägen und planen, genau strukturieren und noch ein Quentchen Unsicherheit mit einrechnen würde, dass ich dann mein Leben gut im Griff hätte.

Wenn es dann nicht klappte, dann überprüfte ich wo ich etwas übersehen oder wo ich letztendlich versagt hatte. Die Leichtigkeit in meinem Leben wurde immer weniger und die Verantwortung für mein Tun immer größer und schwerer. Die ersten körperlichen Konsequenzen aus diesem Handeln zeigten sich.

Trotzdem machte ich unbeirrt weiter...

Bis... ja bis es zu richtig schweren Schicksalsschlägen kam. Diese konnte ich nicht mehr mit meinem Versagen erklären. Es war einfach so passiert. Diese Erkenntnis ging tief in mich rein.

Mein bis zu diesem Zeitpunkt vorherrschendes Denken bekam einen Riß. Und dieser ließ sich auch nicht mehr kitten. Er wurde größer und größer und brachte irgendwann mein gesamtes Denkmuster zum Einsturz.

Aus den Trümmern stieg so eine Ahnung, dass ich mein Leben eben nicht im "Griff" habe, sondern es einfach geschieht. Das Anzunehmen ist nicht einfach, weil ich das Absolute wieder abgeben musste. Es bleibt mir nur, mich in ein Vertrauen zu begeben, dass alles irgendwie gut wird obwohl ich keine Ahnung habe was das heißt.

Ich habe letztlich wieder meinen Weg zu Gott gefunden obwohl dieser wenig mit dem Gott meiner Kindheit zu tun hat.

Der Gott, der mich jetzt begleitet, ist das Leben selbst.

Es kommt aus mir heraus und wird irgendwann in mir enden. Das ist die einzige Sicherheit, die ich habe und es erfüllt mich mit Ruhe, wenn ich mich ganz und gar darauf einlasse.

Zwischen dem Anfang und dem Ende ist mein Leben, was in jedem Moment gelebt werden will. Im Hier und Jetzt habe ich meine Lebendigkeit wieder gefunden und die Freude am Leben - auch in schweren und bewegten Zeiten.

In diesem Sinne...

Carpe Diem